(von Kai Wimmer)
Wer einen für den japanischen Markt bestimmten Betamax-Rekorder außerhalb Japans findet, der kann sich glüklich schätzen. Denn die japanischen Modelle fanden nur selten den Weg in die USA oder nach Europa. Gelten jene Modelle, die im Mittleren Osten angeboten wurden, bei uns schon als Exoten - darunter der SL-T7ME(R) und der SL-T9ME(R) -, so sind es die "Japaner" erst recht. Anfang des Jahres konnte ich nach etwa 20jähriger Suche einen SL-J7 auftreiben, Sonys Spitzenmodell aus dem Jahre 1979. Der Rekorder besitzt ein breites Spektrum an Funktionen und ein modernes Design, wovon man bei uns zu dieser Zeit nur träumen konnte. Stereo-Ton, Zeitlupenfunktion und Bildsuchlauf setzten neue Maßstäbe. Zur Erinnerung: Damals erschien bei uns gerade einmal der SL-8080E, ein Modell mit sogenannten Klaviertasten und noch ohne eigenen Capstanantrieb.
[Das Vorbild für die uns bekannten Modelle SL-C5 und SL-C7 bzw. SL-T7 und L-T9: der SL-J7]
[Schon beim Entfernen der Gehäuseschrauben stößt man auf Ungewohntes: Die Schrauben haben ein metrisches Gewinde und sind zusätzlich mit einer Unterlegscheibe und einem Spannring ausgestattet. Ein wenig Überdimensioniert, dachte man sich da bei späteren Modellen wohl. Die obere Schraube stammt von einem SL-T9MER. Diese wird ohne Ring und Unterlegscheibe direkt in Kunststoff geschraubt.]
[Japanische Schriftzeichen zieren das Gehäuse. Die Funktionen "Eject" und "Pause" grenzen die Grundfunktionen ein und sind deshalb grau gefärbt. Das findet man sonst nur beim SL-T7.]
Um den SL-J7 unter die Lupe nehmen zu können, bedurfte es eines 100V-Trafos und einer Übersetzungsmöglichkeit vom Japanischen ins Deutsche. Denn nahezu alle Schriftzeichen auf dem Gerät sind japanische. Natürlich sind die Grundfunktionen bekannt - aber einige (teils versteckte) Neuheiten gab es dann doch. So findet man unterhalb der Eject-Taste eine LED, welche eine Funktion angibt, die der SL-C7 und ähnliche Varianten nicht besitzen: eine Warnung vor Kondenswasser. Wird Feuchtigkeit im Gerät registriert, leuchtet nicht nur die LED auf; es wird sogar eine Stabheizung eingeschaltet, welche die Kopftrommel erwärmt und das Kondenswasser verdunsten läßt. Ein am unteren Ende der Kopftrommel angebrachter Feuchtigkeitssensor registriert dasKondenswasser und auch, wann das Gerät wieder trocken ist. Die Funktionen des Rekorders sollten nun wieder freigegeben werden und die Warnlampe erlöschen. Auf der Rückseite des SL-J7 läßt sich die ungewöhnliche Funktion der Feuchtigkeitserkennung zudem über einen Schalter direkt neben dem Eingang des Netzkabels deaktivieren. Man kann (wenn ich die Übersetzung aus dem Japanischen richtig verstanden habe) wählen, ob man bei Feuchtigkeit die automatische Abschaltung des Gerätes akzeptieren möchte oder nicht. Ob dann, wenn der Schalter auf "manuell" steht, die eingebaute Keramikheizung auch kalt bleibt, kann ich mangels Erfahrung nicht sagen.
[Die Keramikheizung steckt in einer Öffnung der Kopftrommeleinheit. Im SL-C5 und ähnlichen Modellen gibt es diese Öffnung auch. Bislang ist sie mir nie aufgefallen.]
[Schon auf dem Schutzblech über der Kopftrommel stehen Warnungen: Im Falle der eingeschalteten Heizung kann man sich die Finger verbrennen (Hinweis links). Und man sollte nicht mit Flüssigkeiten an den Feuchtigkeitssensor gelangen (Aufkleber rechts).
[Mit dem Schalter links kann die automatische Abschaltung bei Feuchtigkeit deaktiviert werden (untere Position). Neben dem Schalter befindet sich eine Steckdose. Es können Geräte mit einer Leistungsaufnahme bis zu 400W angeschlossen werden. Das dürfte allerdings nicht jeder 100V-Trafo mitmachen.]
Der SL-J7 besitzt wie der SL-C7 nicht weniger als 12 Programmwahltasten. Es sind die gleichen Tasten, wie man sie etwa vom SL-C5 kennt. Die Programme sind manuell über Einstellrädchen zu suchen; einen automatischen Sendersuchlauf wie beim SL-C7 kannte man dann doch noch nicht. Interessanterweise leuchtet die Zahl des ausgewählten Programmes auch bei Wiedergabe auf. Bei den Modellen SL-C5, SL-T7 und SL-T9 wird der Tuner im Wiedergabemodus komplett abgeschaltet. Entfernt man übrigens den Tuner des SL-J7, kann eine Wiedergabe nur ohne Ton erfolgen. Das Innenleben hat sich hier bei "unseren" Geräten schon etwas verändert.
Ein Blick in den Timerblock zeigt ebenfalls große Ähnlichkeit zum SL-C5 und zum SL-T7 auf. Die Tastatur des SL-J7 läßt im Vergleich zu den beiden genannten Modellen aber einen Unterschied erkennen: Es gibt einen Schalter, um zwischen 50Hz und 60Hz zu wählen. Japans Stromversorgung ist ein Kuriosum; es liegen nicht nur 100V an, sondern man verwendet in einigen Teilen Japans eine Netzfrequenz von 50Hz, in anderen Teilen dagegen 60Hz. In welcher Position der Schalter zu stehen hat, hängt also davon ab, in welchem Teil Japans man den Videorekorder in Betrieb nimmt. Mit diesem Schalter wird letztlich der Gang der Uhr geregelt. Bei uns muß der Schalter auf 50Hz stehen. Steht er auf 60Hz, geht die Uhr ordentlich nach, sogar um mehrere Sekunden in jeder Minute.
[Dort, wo der Schalter 50Hz - 60Hz sitzt, befindet sich beim SL-C5/SL-T7 der Schalter mit der Dim-Funktion für die Uhr. Diesen findet man hier links neben dem Frequenzwahlschalter.]
Die Vielfalt der Funktionen wird erkennbar, wenn man die Klappe unterhalb des Zeitlupenreglers öffnet und man die hohe Zahl an Schaltern erblickt. Von links nach rechts regeln sie folgende Funktionen:
Alarm am Bandende (Ein/Aus)
APS-Erkennung (Ein/Aus)
BNR (Ein/Aus)
Audio-Monitor (Stereo, L, R)
Dual-Audio (Wenn ich das richtig verstehe, kann hier während der Aufnahme zwischennZweikanalton (obere Position) und dem Hauptton (unten) gewählt werden.)
Auto-Stereo (Stereo/Mono)
[Die beiden LEDs oberhalb der Schalter signalisieren Zweikanalton (links) und Stereo (rechts).]
Der SL-J7 ist also bereits ein Stereo-Rekorder mit Rauschunterdrückung! Das gab es in Europa erst 1982 mit den Modellen SL-C6 und SL-C9. Technisch wäre es wahrscheinlich keine Schwierigkeit gewesen, auch den SL-C7 mit Stereofunktion auszustatten. Als dieser im Jahre 1980 auf den Markt kam, war es japanischen Herstellern aber noch nicht gestattet, stereofähige Geräte in Europa zu verkaufen. Die Rechtsgrundlage mußte sich erst ändern. Und auch in den USA waren Betamax-Rekorder zu jener Zeit noch nicht stereofähig. Die Modelle SL-5400, SL-5600 und SL-5800, die der Generation des SL-C5/SL-C7 entsprechen, sind noch Monogeräte.
[Auch ein Blick auf die Cinch-Buchsen verrät, daß der SL-J7 ein stereofähiger Rekorder ist. Interessanterweise sind die Eingangsbuchsen auf der Frontseite des Gerätes zu finden - dort, wo man eigentlich den Spurlagenregler vermuten würde.]
[Die Audio- und Videoausgangsbuchsen befinden sich wie gewohnt auf der Geräterückseite. Für die Video-Buchsen benötigt man übrigens keinen BNC-Stecker.]
[Auch Über die beiden Mikrofon-Eingangsbuchsen lassen sich Stereo-Aufnahmen machen. Man findet sie unterhalb der großen Uhr. Ganz links befindet sich der Spurlagenregler. Außerdem gibt es hier noch einen Wahlschalter für die beiden Bandgeschwindigkeiten BI und BII.]
Vielleicht hat sich der eine oder andere schon einmal die Frage gestellt, warum der SL-C7 die Aufnahmefunktion mit nur einer LED signalisiert, während es beim SL-C5 zwei Lämpchen sind, die während der REC-Funktion leuchten. Auch der SL-T7 und der SL-T9 weisen für REC zwei LEDs auf. Die Antwort darauf fand ich durch den SL-J7: Wird in der Geschwindigkeit BI aufgenommen, so leuchtet das linke Lämpchen auf, bei BII das rechte. Die gewünschte Bandgeschwindigkeit wird über einen Schalter neben dem Spurlagenregler eingestellt. Offensichtlich wollte man aus Kostengründen die gleiche System-Control-Platine (SY) in den Modellen SL-C7, SL-T7 und SL-T9 verwenden wie im SL-J7. Und da hier - genauso wie in der Gehäusefront - zwei LEDs vorgesehen waren, mußten die genannten drei Modelle mit zwei REC-Lämpchen auskommen. Und weil es für PAL und SECAM nur eine Bandgeschwindigkeit gibt, leuchten einfach beide Lämpchen.
Abschließend lassen sich noch einige Kuriositäten über den SL-J7 berichten:
Der Rekorder verfügt nicht über einen Power-Schalter. Das kennt man sonst nur von Betarekordern aus späteren Generationen.
Wiedergabe in der Geschwindigkeit X3 ist nur bei BII möglich. In der Geschwindigkeit BI wird das Band mit 4cm pro Sekunde vorangetrieben. Es stellt sich die Frage, ob es bei X3 und einem entsprechenden Bandvorschub von 12cm pro Sekunde vielleicht zu Problemen mit der Wiedergabe oder beim Bandtransport gekommen wäre.
PCM ist eine Erfindung der 1970er Jahre. Hier kommt sie bereits sehr früh im Bereich von Heimvideo zum Vorschein. Auf der Rückseite befindet sich neben den Cinch-Ausgangsbuchsen ein PCM-Schalter, der in der Stellung "PCM" die Kompensierung der Drop-Outs deaktiviert. PCM findet bei den europäischen Geräten erst ab 1982 mit dem SL-F1 und dem SL-C9 Erwähnung. Die US-Modelle ab dem SL-5400 besitzen den genannten PCM-Schalter allerdings auch schon.
Ist das Bandende erreicht, beginnt der Rekorder zu piepsen und fast gleichzeit beginnt schon der schnelle Rücklauf. Der Signalton ertönt 13 mal. Beim SL-C7 sind die Signaltöne länger, und es sind nur sieben an der Zahl. Der automatische Rücklauf beginnt erst nach dem 7. Signalton.
Der SL-J7 zeigt keinerlei Aussetzer beim Capstan- und Kopftrommelservo. Die hellblauen Sanyo-Elkos, die in den meisten Geräten dieser Generation verbaut wurden, sucht man hier vergeblich. Im Servobereich wurden Tantalkondensatoren verwendet.
Der Dämpfer des Kassettenschachtes unterscheidet sich von denen der späteren Modelle sichtbar.
Das Gehäuse des SL-J7 ist zweifarbig. Beim "kleinen Bruder" SL-J5 sind die Farben umgekehrt: Die Gehßusefront ist hell, die Geräteoberseite dunkel. Derartiges findet man auch bei den Modellen SL-T6ME und SL-T6PS.
Die Übersetzung für den schnellen Rücklauf ist ein bekanntes Problem der C7-Familie. Zweimal wurden Antriebsräder, Zugfeder und Abwickelteller modifiziert. Die meisten Geräte vom Typ C5/C7/T7 sind von Werk aus mit der zweiten Generation der Rücklauf-Mechanik ausgestattet. Der SL-T9MER besitzt sogar die letzte Generation dieser Komponenten. Der SL-J7 enthält die erste Ausführung. Diese ist mir bislang nur bei einem frühen SL-C7 begegnet.
[Der schnelle Rücklauf konnte trotz des hohen Alters der mechanischen Teile mit Walzenreiniger wieder gangbar gemacht werden.]
Schaut man auf die Platinen im Geräteinnern, so fallen auf zahlreichen Platinen manche Zusätze auf. Vor allem im Servo- und Audiobereich bemerkt man zusätzlich aufgelötete kleinere Platinen. Auch ist die Anzahl der Platinen höher als beim SL-C7, bei dem man durch neuere ICs schon die eine oder andere Platine ersetzen konnte. Nicht zuletzt stechen auch zahlreiche nachträglich aufgelötete Leitungen ins Auge. Der SL-J7 erhält dadurch einen mitunter provisorischen Charakter.
[Zusätzliche kleinere Platinen auf den Hauptplatinen und nachträglich aufgelötete Kabel reduzieren die Übersichtlichkeit, die man etwa vom SL-C7 her kennt.]
Die Fernbedienung, die mit dem SL-J7 ausgeliefert wurde, trägt die Bezeichnung RM-77. Es ist eine Kabelfernbedienung, die gegenüber der RM-75T des SL-C5 bzw. des RMR-214 des SL-T7MER die Bedienung der Funktionen "X3" und "Einzelbildschaltung" zusätzlich ermöglicht. Die Stecker der RM-75T oder des RMR-214 würden in die Fernbedienungsbuchse des SL-J7 passen. Leider ist mir über die Pin-Belegung der Buchse nichts bekannt. Ob mit einer anderen Fernbedienung ein Schaden am Gerät entstehen könnte, ist unklar; auf einen entsprechenden Test wird daher verzichtet.
[Das Abgleichmanual des SL-J7 benennt immerhin einige Platinen, Ics und RVs. Auch lassen sich die Modellbezeichnung der Fernbedienung sowie das Produktionsjahr des Rekorders ermitteln. Wie der SL-C5 und seine "Verwandten" scheint auch der SL-J7 eine höhere Bildauflösung bei einem reinen Schwarzweiß-Signal zu ermöglichen.]
Leider besitze ich zu diesem Rekorder außer dem Abgleichmanual keinerlei Unterlagen. Ein Service-Manual wäre für Reparaturen hilfreich. (Ein defektes IC, welches die Betätigung des Eject- und des Andruckrollen-Hubmagneten eingangs verhinderte, konnte von Stephan Wagner nur mit einigem Zeitaufwand gefunden werden.) Für eine Kopie des Manuals wäre ich sehr dankbar. Auch für einen Link, falls es das Manual irgendwo im Internet geben sollte.
[Der Capstanmotor war zunächst äußerst schwergängig und mußte zerlegt sowie dessen Lager vom verharzten Öl befreit werden. Nun konnte das Band wieder ein- und ausgefädelt werden. Auch der Bandantrieb funktioniert nun.]
Eine Erneuerung der sechs Antriebsriemen sollte das gegenwärtig noch leichte Leiern im Ton beseitigen und den Vorgang des Ein- und usfädelns wieder beschleunigen. Es ist trotzdem beachtlich, daß der Betrieb des nun 46 Jahre alten Gerätes mit seinen alten Riemen immer noch möglich ist. Auch ein Ausbau und eine Reinigung des Fädelringes und der dazugehörigen Mechanik werden noch vorgenommen. Schließlich sind die Taster im Timerblock noch zu erneuern. Dann kann der seltene Rekorder seinen Dienst wieder aufnehmen.
Stand: 17. Mai 2025
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Ich habe das alles selbst ausprobiert und es funktioniert ohne Probleme.
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